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21.05.2013 | 

Gemeinsame Pressemitteilung

Autohersteller tricksen EU-Richtlinie zu Autoklimaanlagen aus

Daimler, VW & Co. hebeln die Vorgaben zu klimafreundlicheren Kältemitteln in Autoklimaanlagen aus und schaden der Umwelt

Berlin, 22.5.2013: Europaweit umgehen Automobilhersteller mit rechtswidrigen Tricks die geltenden EU-Vorgaben für Autoklimaanlagen. Gemeinsam mit dem ökologischen Verkehrsclub VCD fordert die Deutsche Umwelthilfe e.V. (DUH) deshalb den Gesetzgeber auf, die Missachtung der entsprechenden Richtlinie zum inzwischen verbotenen Kältemittel R134a mit Strafzahlungen zu ahnden. Die klimaschädliche Chemikalie darf in Fahrzeugen, die nach dem 1.1.2011 genehmigt wurden, nicht mehr verwendet werden. Jedoch hebeln die Autohersteller diese Vorgabe trickreich aus, wie die Daimler AG am vergangenen Mittwoch mit der Präsentation ihrer neuen Mercedes S-Klasse zeigte. Während es sich bei der Luxuslimousine faktisch um ein komplett neu entwickeltes Modell mit geändertem Design, modifizierten Abmessungen und zahlreichen technologischen Innovationen handelt, wird die neue S-Klasse auf dem Papier als sogenannte Erweiterung der Vorgängergeneration deklariert. Das ermöglicht es Daimler, die Fahrzeugreihe weiterhin mit dem klimaschädlichen Kältemittel R134a auszustatten.


Offensichtlich neue Modelle auf älteren Typgenehmigungen aufzubauen ist ein klarer Verstoß gegen die EU-Richtlinie zu umweltschonenderen Kältemitteln. Wenn die Behörden dies akzeptieren, wird der Ausstieg aus dem klimaschädlichen chemischen Kältemittel bis zum Jahr 2017 verzögert. Dass die Behörden diese Praxis tolerieren und ganz klar neue Fahrzeugtypen als ’alte Fahrzeugtypen’ durchwinken, ist ein Skandal“, kritisiert DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch. Daimler ist mit dieser Vorgehensweise nicht allein, ähnliche Beispiele finden sich bei allen deutschen wie internationalen Herstellern: Auch der aktuelle Toyota Auris wird formal als Erweiterung des Vorgängermodells ausgeliefert. Nach Auskunft des KBA wurde – wie bei der S-Klasse – zunächst eine neue Typgenehmigung beantragt und später zurückge¬zogen. Ein ähnliches Vorgehen ließ sich beim Opel Adam beobachten, der im vergangenen Jahr von der GM-Tochter als modernes „Stadtauto“ eingeführt wurde. Das Fahrzeug basiert auf einer älteren Typgenehmigung des ungleichen Schwestermodells Opel Corsa und wird so ebenfalls weiter mit R134a ausgeliefert.


Die Hersteller untergraben die EU-Vorgaben jedoch auch, indem sie noch vor dem Stichtag der Richtlinie und weit vor Markteinführung für zahlreiche Modelle Typgenehmigungen beantragten. Prominentes Beispiel für diese Praxis ist der Golf VII, der seit vergangenem September erhältlich ist, jedoch bereits im Dezember 2010, kurz vor dem Stichtag, eine Typgenehmigung vom KBA erhalten hatte. „Es ist in hohem Maße unglaubwürdig, dass alle erforderlichen Spezifikationen für diese Typgenehmigungen, wie z.B. für jene des neuen Golf VII, bereits Ende 2010 vorlagen und bis zum Verkaufsstart Ende 2012 keine weitreichenden Änderungen mehr vorgenommen wurden“, kritisiert der internationale Verkehrsexperte Axel Friedrich.


Die vorgezogenen Typgenehmigungen haben weitreichende Auswirkungen auf die Umwelt: Bis Ende 2016 werden allein in Deutschland voraussichtlich rund 1 Million Fahrzeuge der Golf VII-Reihe mit dem klimaschädlichen Kältemittel R134a neu zugelassen. Bezogen auf die Lebenszeit dieser Autos werden dadurch etwa 1,2 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente zusätzlich in die Atmosphäre gelangen. Das ist mit dem CO2-Ausstoß vergleichbar, den knapp 900.000 sparsame Fahrzeuge wie der Golf Blue Motion (99g CO2/km) bei durchschnittlicher Fahrweise pro Jahr kraftstoffbedingt erzeugen.


Die Genehmigungsbehörden und der Gesetzgeber dürfen diesem Treiben nicht weiter tatenlos zusehen und müssen klare Abgrenzungskriterien für neue Fahrzeugtypen anwenden. Werden neu entwickelte Fahrzeuge fälschlicherweise als alte Modelle deklariert, sollten Autohersteller eine Strafzahlung für die Weiternutzung von R134a in Höhe von 665 Euro pro Fahrzeug entrichten müssen. Damit würde ein starker Anreiz gesetzt, schnell auf ein klimaverträgliches Kältemittel umzusteigen“, fordert Gerd Lottsiepen, verkehrspolitischer Sprecher des VCD. Die Höhe der geforderten Sanktion ergibt sich aus der Klimaschädlichkeit von R134a. Bezieht man die Emissionen des Kältemittels auf die durchschnittlich mit dem Auto zurückgelegten Kilometer, werden nach Angaben des Umweltbundesamts durch R134a zusätzlich zum Kohlendioxid, das aus dem Kraftstoff stammt, etwa sieben Gramm CO2 freigesetzt. In Anlehnung an die zukünftig fälligen Strafzahlungen im Zusammenhang mit den CO2-Grenzwerten für Pkw schlagen DUH und der VCD deshalb für jedes Gramm eine Strafzahlung in Höhe von 95 € vor – bei sieben Gramm folglich 665 €.

DUH und VCD forderten bereits im Zusammenhang mit dem Ausstieg der Daimler AG aus dem Kältemittel R1234yf im September letzten Jahres eine Strafzahlung in dieser Höhe für die rechtswidrige Weiternutzung von R134a. Die beiden Verbände betonten, dass darüber hinaus auch die rechtlich fragwürdige Typgenehmigungspraxis dringend sanktioniert werden müsse, um einen schnellen Umstieg auf das umweltfreundliche und nicht brennbare Kältemittel CO2 sicher zu stellen. Die Einnahmen aus den Strafzahlungen sollten zweckgebunden für  Klimaschutzmaßnahmen verwendet werden.

Kontakt:


Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer Deutsche Umwelthilfe e. V. (DUH)
Tel. 030 2400867-0, Mobil: 0171 3649170, E-Mail: resch[at]duh.de


Gerd Lottsiepen, Verkehrspolitischer Sprecher VCD,
Mobil: 0171 8824449, E-Mail: gerd.lottsiepen[at]vcd.org


Dr. Axel Friedrich, Internationaler Verkehrsberater
Mobil: 0152 29483857, E-Mail: axel.friedrich.berlin[at]gmail.com


Daniel Eckold
, Pressesprecher Deutsche Umwelthilfe e. V. (DUH)
Tel. 030 2400867-22, Mobil: 0151 55017009, E-Mail: eckold[at]duh.de

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